„Eine Kindheit ohne Bücher wäre keine Kindheit!“, sagt Astrid Lindgren.
Nicht nur, dass Lesen und Lesekompetenz für das Lernen in der Schule und außerhalb der Schule eine wichtige Voraussetzung sind oder dass Kinder über das Lesen Sprache erfahren und so ihren eigenen Sprachschatz erweitern können, Lesen regt auch die Fantasie an, es entführt in fremde Welten, erlaubt den Zugang zu anderen Denkweisen und bereichert mit Ideen. Wer lesen kann, dem eröffnen sich Welten, die sonst verschlossen bleiben – Bücherwelten und auch reale Welten, denn die Lesekompetenz ist in vielerlei Hinsicht Schlüssel zu anderen Kompetenzen und zu vielen Bereichen des Lebens. Man könnte auch sagen: Wer liest, ist im Vorteil! Und diesen Vorteil wollen wir den Kindern an der Barbaraschule verschaffen!
Durch die vielfältigen Herkunftsländer unserer Schüler und die unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen sowie durch die sehr verschiedenen familiären Gegebenheiten benötigen die Kinder und auch die Eltern in Bezug auf das Lesen die Initiative und Unterstützung der Schule. Die Schule wiederum ist auf Unterstützung von außen angewiesen, zum Beispiel in finanziellen Fragen (z. B. bei der Bücherbeschaffung) oder personell (z.B. durch Lesepaten/ Lesementoren). So entsteht ein vielfältiges System, das letztlich dem großen Ziel dient, unseren Schülern einen Start ins Leben zu ermöglichen, der Ihnen für die Zukunft gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Dazu soll die Leseförderung beitragen.
Seit dem Sommer 2023 sind als Reaktion auf die Ergebnisse von aktuellen Lernstandsstudien (z.B. IGLU-Studie) verbindliche Lesezeiten vom Ministerium für Schule und Bildung an den Schulen verortet: Drei mal 20 Minuten verbindliche Lesezeit pro Woche zur Stärkung der Basiskompe-tenzen in der Primarstufe.
Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Regelmäßigkeit im Leseunterricht sind wichtige Schritte auf dem Weg zur besseren Sicherung dieser (Basis-) kompetenzen.
Ziele des Konzeptes
• Verbindlichkeit und Regelmäßigkeit in der Leseförderung herstellen
• Methodenrepertoir erarbeiten, zur Verfügung stellen und einsetzen
• Kontinuierliche Evaluation und Optimierung in der Leseförderung
Verschiedene Bereiche der Lesekompetenz
Das weit verbreitete Modell von Rosebrock & Nix (2020) vereint drei Ebenen der Lesekompetenz:
Die Prozessebene – Kognitive Prozesse des Textverstehens
Lesen ist eine enorme kognitive Konstruktionsleistung des Gehirns, die von emotional-motivationalen Aspekten beeinflusst wird. Die Prozessebene des obigen Modells bezieht sich deshalb zunächst auf das Verständnis davon, wie sich die einzelnen Teilkomponenten des Leseprozesses wechselseitig beeinflussen. Um einen Text verstehend lesen zu können, müssen Kinder verschiedene kognitive Prozesse bewältigen. Das Leseverstehen und das flüssige Lesen sind eng miteinander verknüpft. Kinder müssen flüssig lesen können, um verstehend zu lesen. Im Leseprozess wird Bedeutung generiert und damit Leseverstehen ermöglicht, d.h., der Text wird verarbeitet und dadurch verstanden.
Die Subjektebene – Das persönliche Leseselbstkonzept
Die Subjektebene beschreibt, welche Motivation und welche Emotionen Leserinnen und Leser in den Prozess des Lesens einbringen und wie sie diesen reflektieren. Wichtig ist, welches Vor- und Weltwissen sie mitbringen. Die Reflexion der eigenen Meinung zum Inhalt des Textes ist besonders zentral. Jede lesende Person bildet ein Leseselbstkonzept aus, das von individuellen Einstellungen und Gefühlen geprägt ist und die Lesemotivation beeinflusst.
Die soziale Ebene – Anschlusskommunikation und Lesesozialisation
Ob Kinder Lesefreude sowie ein Interesse an Büchern, Literatur und digitalen Textformen entwickeln, hängt zu einem großen Teil auch von ihrem sozialen Umfeld ab. Die Lesesozialisationsforschung zeigt, dass Personen aus dem individuellen Umfeld starke Einflussfaktoren für junge Leserinnen und Leser sind.
Lesesozialisation bezeichnet den Prozess, durch den Menschen in ihrer Entwicklung zu (regelmäßig) Lesenden heranwachsen. Sie beginnt in der Regel im frühen Kindesalter und erstreckt sich über die gesamte Lebensspanne. Lesesozialisation beinhaltet verschiedene Faktoren wie familiäre Einflüsse, Bildungseinrichtungen, soziale Umgebung, persönliche und kulturelle Kontexte.
Unter den Teilfähigkeiten des Lesens zählt man die Lesegenauigkeit, das Automatisieren des Dekodierens von Buchstaben, die Lesegeschwindigkeit und die Prosodie.
Lesediagnostik
An unserer Schule führen wir den Stolperwörterlesetest durch. Eine Erprobung des Potsdamer Lesetests, der Leseverstehen und –schnelligkeit erfragt, wurde im Schuljahr 23/24 erstmalig in einem Jahrgang erprobt.
Bausteine der Leseförderung an der GGS St. Barbara
Leseinsel
Die Leseinsel steht allen Kindern der Schule vor und nach Unterrichtsschluss zur Verfügung. Hier haben die Kinder einen schnellen und unkompli-zierten Zugang zu Büchern, zum Hineinschnuppern und neugierig werden. Auch in den Pausen darf die Leseinsel genutzt werden, nach einem Belegungsplan, der den Kindern den Zugang ermöglicht, gleichzeitig aber reguliert und so eine ruhige Lesezeit gewährleistet. Organisiert und gepflegt wird die Insel durch eine zuständige Lehrkraft und die Kinder der Klassen 4. So übernehmen Schüler gleichzeitig Verantwortung für Bücher und wissen diesen Schatz besser zu würdigen.
Kooperation mit der städtischen Bücherei
In den Klassen 1 und 2 besuchen die Kinder im Rahmen des Unterrichts regelmäßig die Bücherei. Sie werden mit dem System bekannt gemacht, erhalten Einblick, wie eine Bücherei funktioniert, bekommen die Möglichkeit zu stöbern und Bücher auszuleihen, um auch zu Hause zu lesen. Über diesen Weg gelingt es zuweilen auch, die ganze Familie für das Lesen zu gewinnen, wenn Kinder Ihren Eltern ihre Bücherei zeigen und damit auch für die Familienmitglieder eine neue Welt eröffnen oder diese Welt wieder in Erinnerung rufen.
In den Klassen 3 und 4 wird die Bücherei im Rahmen einzelner Unterrichtsprojekte oder während der Lesewochen besucht.
Schulbücherei
Die Schülerbücherei holt die „richtige“ Bücherei im Kleinformat in die Schule und ermöglicht einen engeren Zugang zur Buchausleihe. Gleichzeitig fördert und ermöglicht sie im Unterricht das gemeinsame Lesen auch unterschiedlicher Bücher, regt den Austausch an und Leseprojekte, wie zum Beispiel: „Mein Lieblingsbuch“ oder „Lesetagebuch“ können stattfinden. Sie ergänzt den Fundus in den klassenzimmereigenen Leseecken und gibt den Kindern die Möglichkeit, für Unterrichtsprojekte zu forschen und Material zu finden.
Die Bücherei der Schule wird durch eine Lehrerin geleitet. Die Kinder der Klassen 4 werden als Büchereihelfer ausgebildet und als solche dann am Ausleihtag (mittwochs, große Pause) tätig. In der Büchereipause dürfen jeweils 3 Kinder pro Klasse die Bücherei aufsuchen.
Im Bereich der OGS bietet die Schülerbücherei die Chance, das Lesen auch hier wieder mehr in die Freizeitbeschäftigung der Kinder einzubinden und ermöglicht zum Beispiel das Einrichten einer Lese-AG.
LeOn, ANTOLIN und Co
Die Kinder erhalten im Unterricht oder den „Büchereizeiten“ die Möglichkeit, am Computer im Online Portal ANTOLIN zu arbeiten. Hier können sie Quizfragen zu Ihren Büchern beantworten und motiviert sie, durch die Möglichkeit eines Belohnungssystems (Urkunden) weiterzulesen. Gleichzeitig verknüpft es das Lernen im Vormittag mit dem Nachmittag, da die Kinder einen eigenen Zugang auch privat nutzen können. Der Lehrer wiederum erhält durch das Programm die Möglichkeit, aussagekräftige Informationen zu den Leseinteressen, zum Textverständnis und zur den Lesefertigkeiten ihrer Schüler zu erhalten. Die Online Plattform LeOn wurde im Schuljahr 23/24 in einer Klasse erprobt und wird dem Kollegium im Schuljahr 24/25 vorgestellt.
Lesewochen
In den Lesewochen (2 Wochen am Anfang des Jahres) steht das Lesen im Unterricht im Mittelpunkt. Es werden mit allen Kindern Ganzschriften/ Bilderbücher gelesen und tiefergehend bearbeitet. Eine Vielzahl an Ganzschriften mit Literaturwerkstatt steht in der Bücherei und im Lehrerzimmer zur Verfügung. Eigene Bücher werden zudem mitgebracht und vorgestellt, Lesetagebücher geführt, Büchersteckbriefe erstellt und Buchvorstellungen durchgeführt. In allen Unterrichtsbereichen wird ein großer Schwerpunkt auf das Lesen gelegt und somit Lesen in seiner vielfältigen Bedeutung nochmals genauer betrachtet. Zum Ende der Lesewochen kann es eine Theatervorführung geben, welche sich im Optimalfall auf ein Buch bezieht, dass die Kinder in den Lesewochen kennenlernen konnten. Natürlich soll in diesen Wochen der Lesespaß auf keinen Fall zu kurz kommen!
Das Bilderbuchkino stellt seit ein paar Jahren eine schöne Ergänzung in den Lesewochen dar und kann optional für Klasse 1 und/oder 2 gebucht werden. Zudem kann eine Autorenlesung die Lesewochen begleiten. Dies eignet sich vor allem für die Klassen 2 und 3. Für das vierte Schuljahr empfiehlt sich ein Büchereibesuch. In jedem Jahr organisiert das jeweilige Planungsteam die Lesewochen und stellt die Module sinnstiftend zusammen.
Ringvorlesung
Einmal im Schuljahr, in der Regel als Start in die Lesewochen, findet ein „Ringvorlesung“ statt. die Kinder nehmen in jahrgangsgemischten Gruppen an einer Vorlesung teil, die die Lehrer und weitere Mitarbeiter der Schule durchführen. Hier steht das Vorlesen und Zuhören im Mittelpunkt, ergänzt durch kleine Bastel- und Malarbeiten oder Ähnlichem. Die Kinder erfahren das Vergnügen, einer Geschichte zu lauschen und werden neugierig gemacht auf Bücher. Wenn möglich, werden auch Schriftsteller eingeladen, die aus Ihren Büchern vortragen. Die Vorschulgruppen der Kindergärten werden zu solchen besonderen Angeboten ebenfalls eingeladen. Damit startet dann auch das Projekt Lesepaten im jeweiligen Schuljahr.
Lesepaten
Nicht jedes Kind liest von Anfang an gern und nicht jedem Kind fällt es leicht, selber zu lesen. Manche Kinder kennen es nicht, dass man Ihnen vorliest. Nicht jedes Kind findet optimale Bedingungen vor und braucht daher ein wenig Hilfe und etwas Motivation. Dieses wollen wir mit Hilfe der Lesepaten erreichen. Im Vormittag bieten die Lesepaten (Mamas, Papas und Omas und Opas) unterschiedliche Hilfen an. Dies reicht vom Lesen üben mit einzelnen Kindern oder kleinen Gruppen bis zum Vorlesen für mehrere Kinder. Und das nicht nur in Deutsch! Auch in den Muttersprachen der einzelnen Kinder unserer Schule gibt es schöne Geschichten zum Zuhören und warum nicht auch mal ein türkisches Bilderbuch betrachten und es sich in Türkisch vorlesen und in Deutsch übersetzen lassen? So erweitert sich der Sprachschatz aller unserer Kinder und die Kinder lernen ein wenig aus der Welt ihrer Mitschüler kennen.
Lesepaten können Eltern, Großeltern oder ältere Geschwister sein aber auch ehrenamtliche Paten aus dem Ort oder der näheren Umgebung, die Lust haben, sich in dieser Form zu betätigen und die Kinder zu unterstützen.
Die Zusammenarbeit wird jeweils durch ein Treffen aller Interessierten eingeleitet. Das Kollegium erarbeitet vorher die Bedarfslage der einzelnen Kinder. Anschließend findet die Terminplanung und die Einsatzplanung mit den Paten gemeinsam statt. Dies ist halbjährlich sehr individuell und flexibel. In einem weiteren Schritt kann die Arbeit auf den Nachmittag / OGS Bereich erweitert werden.
Die Kinder der Klassen 3 treffen sich darüber hinaus regelmäßig mit den Vorschulkindern der Kitas zum gemeinsamen Lesen und Vorlesen. Die Kinder der Klassen 3 erarbeiten wichtige Punkte zum guten Vorlesen, wählen passendes Buchmaterial aus und üben das Vorlesen. Später wird dann den Vorschulkindern aus den geübten Büchern vorgelesen. natürlich unternehmen die Kinder zusammen auch kleine Ausflüge, basteln oder malen. So findet eine Vernetzung hinsichtlich des Überganges vom Kindergarten zur Grundschule statt.
Lesementoren
An unserer Schule werden einzelne Schüler durch ehrenamtliche Lesementoren begleitet. Diese besuchen ihre Kinder einmal die Woche und haben das Ziel, die Lesemotivation zu steigern.
Bookbike
Die Stadtbücherei Baesweiler stellt unserer Schule einmal im Monat eine Buchlieferung mit dem Ebike zu. Das Kollegium kann hier individuelle Wünsche angeben. So können Bücher passend zu Unterrichtsreihen, Aktionstagen oder Projektwochen geliefert werden.
Vorlesewettbewerb
In den Klassen 3 und 4 werden die klasseninternen besten Vorleser ermittelt, die dann in einem Schulwettbewerb antreten, um ihre Lesekünste zu zeigen. Natürlich sind am Ende alle Gewinner und erhalten ein Buchgeschenk. Der Vorlesewettbewerb kann auch in die Lesewochen intergiert werden.
Methoden der Leseförderung im Unterricht
Innerhalb der Lehrerkonferenz wurde sich mit Blick auf die verbindlichen Lesezeiten darauf geeinigt folgende Lesemethoden im Unterricht zu erproben und zu nutzen:
- Blitzlesen
- Chorisches Lesen
- Lautlesetandems
- Lesekonferenzen
- Regelmäßige Besuche der Schulbücherei
In der Lehrerbücherei befindet sich zudem ein Ordner, in dem viele Methoden der Leseförderung (unter anderem aus dem STIFT- Portal oder der Fachoffensive Deutsch) zur Verfügung stehen. Die Lehrerkonferenz hat sich darauf geeinigt, sukzessive einzelne Methoden im Klassenverband zu erproben. Im Schuljahr 24/25 soll entschieden werden, welche Lesemethoden in den Jahrgängen verpflichtend gelehrt werden. Für den Jahrgang 1 und 2 sind die Methoden Blitzlesen und Lesetandem zu empfehlen und für die Jahrgänge 3 und 4 die Lesekonferenz und das Lesetandem. So kann das flüssige Lesen gut trainiert werden und zunehmend das Leseverstehen aufgebaut werden.
Unsere Schule versucht gezielt, mit verschiedenen Ansätzen das Lesen als Solches zu fördern und gleichzeitig Lesekompetenzen zu entwickeln. |